Wenn ein Foto drei Jahre dauert
Samstag 19 Februar 2022
Kann ein einziges Foto seine ganz eigene Geschichte erzählen? Und wie: Drei Jahre lang haben der Profi-Gleitschirmflieger Nicola Donini und der Fotograf und Bergexperte Filippo Frizzera versucht, ein Foto zu knipsen, das lange Zeit nur in ihren Köpfen existierte: Sie wollten den Mond verewigen, der exakt zwischen den Gipfeln der Brenta-Dolomiten steht und vor dem ein Motorschirm vorbeifliegt.
Sehr viele verschiedene Elemente mussten stimmen, damit dieses Foto zustande kommen konnte. Zunächst einmal brauchte es den Mond. Den Vollmond natürlich, und er musste untergehen, während die Sonne aufging. Genauer gesagt: Er musste exakt hinter dem Campanil Bass untergehen. Was überhaupt nur zwei oder dreimal im Jahr der Fall ist. Wenn man dann noch Schlechtwettertage abzieht, dann bleiben höchstens ein bis zwei Tage pro Jahr, an denen man dieses Foto machen kann. Zeitfenster, die überdies auch nur höchstens zehn Minuten dauern und in denen man normalerweise wie blöd herumrennt, um eventuelle Rechenfehler zu korrigieren. Dazu kommt das Element Gleitschirm, denn auch der muss superpünktlich am richtigen Ort stehen. Von unbekannten Größen wie Wind und möglichen Materialfehlern gar nicht erst zu sprechen.
Nicola und Filippo haben dieses Foto seit dem Jahr 2019 zu knipsen versucht. Doch Wind, Wolken und nicht zuletzt die Pandemie hatten alle Versuche scheitern lassen. Doch der feste Wunsch, irgendwann einmal den Gleitschirm vor dem leuchtenden Vollmond auftauchen zu sehen und im Bild festzuhalten, hat die beiden ihr großes Ziel weiter verfolgen lassen. Bis es am 18. Februar 2022 endlich so weit war. Gemeinsam mit Marco Diliberto, einem zweiten Motorschirmpiloten, gelang es den zweien endlich, ihr ehrgeiziges Projekt zu realisieren.
Schon vor dem Morgengrauen hatten die Gleitschirme ihre Position eingenommen. Alles schien perfekt vorbereitet. Doch dann bekam Nicola ein technisches Problem und musste seinen Flug fünf Minuten vor dem geplanten Auslöser abbrechen. Es blieb also nur noch Marco in der Luft, der ohne GPS war, aber über Radio mit dem „Boden“ verbunden. Und tatsächlich gelang es ihm, zwei Sekunden lang die genau richtige Position einzunehmen. Das Foto, das Filippo in diesen zwei Sekunden knipste, ist jetzt schon legendär. Vor allem aber ist es nach jahrelanger „Vorstellung“ nun endlich Realität.
Foto: Filippo Frizzera
Gleitschirmflieger: Marco Diliberto und Nicola Donini
Wir danken Filippo Frizzera und Sofia Muck für ihre Unterstützung beim Verfassen dieses Artikels.
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